The Poetics of Subversion. Irony in Byzantine Literature

Die Byzantinistik hat im Vergleich zu benachbarten Disziplinen erst verhältnismäßig spät ein besonderes Augenmerk auf die spielerische Seite der Vertreter der von ihr studierten Kultur gerichtet. Speziell im Bereich der byzantinischen Literatur wurden die Forscher auf solche Texte aufmerksamer, die hauptsächlich die Erheiterung der Leser zum Ziel haben, wie z.B. satirische bzw. parodistische Texte. Doch eine gewisse spielerische Stimmung kann sich ebenso in Bereichen bemerkbar machen, die eigentlich als "ernsthaft" gelten. Humoristische oder überhaupt spielerische, subversive Elemente kommen mehr oder weniger deutlich auch in "ernsthaften" Textgattungen zum Ausdruck, wie z.B. in der Geschichtsschreibung. Die Autoren dieser Texte benutzen oft Stilmittel, die dazu dienen, subversive Effekte wie Satire, Parodie und Ironie zu erzeugen, die ihrerseits weitere Ziele zu erfüllen suchen, wie etwa die verdeckte Äußerung einer kritischen Meinung. Eine systematische Untersuchung der Poetik der Subversion im Bereich der byzantinischen Literatur würde zweifelsohne aufschlussreich für ein tieferes Verständnis der Literarizität der Texte selbst sowie ihres soziokulturellen Kontextes sein, jedoch stellt eine solche umfassende Studie ein Desideratum der byzantinistischen Forschung dar.

Angesichts des aktuellen Forschungsstands bietet sich zunächst als Ausgangspunkt für die Ermittlung der Poetik der Subversion in der byzantinischen Literatur die Untersuchung einzelner Teilaspekte am individuellen Beispiel repräsentativer Fälle von Texten bzw. Autoren an. Da bisher theoretische Überlegungen nur in den Vorarbeiten von Jakov Ljubarskij zur Ironie vorliegen, erscheint es sinnvoll, die Erforschung der byzantinischen Poetik der Subversion mit der Analyse dieses Phänomens zu beginnen. Neben der Verwendung des altgriechischen Wortes eironeia und dessen Derivate durch byzantinische Autoren findet sich in byzantinischen Texten durchaus auch jenes Phänomen, welches die moderne Literaturtheorie als "Ironie" bezeichnet, auch wenn die Byzantiner keine eigenen theoretischen Überlegungen dazu angestellt haben. Entgegen der Meinung von Ljubarskij erscheint es legitim und auch zielführend, den modernen Begriff der Ironie und moderne literaturtheoretische Ansätze als Hilfsmittel dazu zu verwenden, entsprechende Erscheinungsformen und ihre Funktionen in byzantinischen Texten zu beschreiben und zu analysieren, so dass diese Literatur und ihr kultureller Hintergrund dem modernen Leser zugänglich und verständlich gemacht werden. Im Rahmen des vorgeschlagenen Projekts soll die Untersuchung Werke herausragender Stilisten des 11. und 12. Jahrhunderts zur Grundlage nehmen. Auf der Basis der Ergebnisse wird es möglich sein, eine byzanz-spezifische Theorie der Ironie als rhetorischen Tropus und ihrer Ethik zu entwickeln, wie auch ihr Verhältnis zu und ihre Überschneidungen mit anderen subversiven Effekten, wie der Parodie und der Satire, sowie dem Begriff des Humors zu beleuchten.

 

Projektleiter:
Univ.Prof. Dr. Claudia Rapp
Institut für Byzantinistik und Neogräzistik der Universität Wien
Postgasse 7/1/3
1010 Wien
c.rapp@univie.ac.at


Projektmitarbeiter:
Dr. Efthymia Braounou
Institut für Byzantinistik und Neogräzistik
Postgasse 7/1/3
1010 Wien
efthymia.braounou@univie.ac.at

 

Beginn: 01. November 2011
Ende: 31. Oktober 2014