Das Register des Patriarchats, 3. Teil

Edition und Übersetzung der Urkunden aus den Jahren 1350-1663 (Corpus Fontium Historiae Byzantinae, Volumen XIX/3)

Die Handschriften hist. gr. 47 und 48 der Wiener Nationalbibliothek stellen die einzigen erhaltenen Teile des "heiligen Registers" des Patriarchats von Konstantinopel aus byzantinischer Zeit dar. Band III der Textedition mit deutscher Übersetzung umfaßt die Urkunden aus den Jahren 1350-1363. Schwerpunkte der in den Urkunden behandelten Sachverhalte stellen einerseits die seelsorgerische Tätigkeit des Patriarchen in Konstantinopel und andererseits die "intemationale" Kirchenpolitik des Patriarchats dar. Der Führer der orthodoxen Kirche schritt wiederholt gegen das Zaubereiunwesen in der Hauptstadt ein. Gelegentlich wurden der Zauberei verdächtigte Personen nach einem Prozeß vor der Synode zum Klostereintritt gezwungen, wobei die für den Lebensunterhalt anfallenden Kosten der Kaiser übernahm. Besonders Patriarch Kallistos I. (1350-1353 und 1355-1363) war am sittsamen und vorbildlichen Leben der in Konstantinopel wirkenden Priester gelegen. Da bloße Ermahnungen keinen Erfolg hatten, setzte er in den verschiedenen Kirchensprengeln vertrauenswürdige Priester als Aufseher (Exarchen) über ihre Kollegen ein. Diese sollten vor allem darauf achten, daß die Priester keine Ehen einsegneten, die gegen kanonische Heiratsverbote verstießen, und weiters daß sie sich nicht in Wirtshäusem herumtrieben und andererlei unschicklichen Lebenswandel pflegten. Nach der Einsetzung der Exarchen mußten sich die dem jeweiligen Exarchen unterstellten Priester mit ihrer Unterschrift grundsätzlich zur Einhaltung der patriarchalen Ermahnungen verpflichten. Diese Unterschriftenlisten geben ein beredtes Zeugnis über die Schreibkenntnisse des Konstantinopler Klerus zu jener Zeit. Der politische Einfluß des Patriarchen in der Ökumene war im Gegensatz zu dem des Kaisers noch immer beachtlich. Durch die Einsetzung des Metropoliten von Kiev und ganz Rußland, Alexios, griff Patriarch Philotheos Kokkinos (1353-1355 und 1364-1376) zugunsten Moskaus in die russischen Machtkämpfe ein. Der Metropolit Symeon von Alania im Transkaukasus entzog sich der Zurechtweisung des Patriarchen, indem er sich die Anerkennung der lokalen politischen Macht, des Chans der Golden Horde, sicherte. Zu den anderen orientalischen Patriarchen wurde enger Kontakt gepflegt. Traditionell stand in Konstantinopel dem Patriarchen von Antiocheia, das Hodegon-Kloster als Unterkunft zur Verfügung. Dieses Kloster war der Jurisdiktion des Patriarchen von Konstantinopel grundsätzlich entzogen und unterstand direkt Antiocheia. Als es in diesern Kloster zu wiederholten Verstößen gegen die Regeln des mönchischen Lebens kam, wie etwa daß der Abt nächtlichen Damenbesuch erhielt, sah sich Kallistos jedoch zurn Eingreifen gezwungen und setzte den Abt ab. Mehrere Verwaltungsakte (Versetzung von Metropoliten etc.) veranschaulichen die politisch instabile Lage des byzantinischen Reiches wenige Jahre nach Beendigung des Bürgerkriegs (1347) sowie das zunehmende Zurückweichen der Byzantiner unter dem Druck außerer Feinde, vor allem der Osmanen. Darüber hinaus stellen die vorliegenden Urkunden, die in überaus unterschiedlichen Schreibstilen (von rhetorischen Prooirnien bis zu kolloquialen Briefen und Niederschriften mündlicher Zeugenaussagen) abgefaßt sind, eine facettenreiche Quelle für die Geschichte der griechischen Sprache des 14. Jahrhunderts dar.

Selbstständige Publikation

Projektleiter:
Prof. Dr. Johannes Koder
Institut für Byzantinistik und Neogräzistik der Universität Wien
Postgasse 7/1/3
1010 Wien
Tel.: +43 1 4277 41001
Fax.: +43 1 4277 9410
johannes.koder@univie.ac.at

Autoren:
Prof. Dr. Johannes KODER (Universität Wien)
Prof. Dr. Martin HINTERBERGER (Universität Zypern)
Prof. Dr. Otto KRESTEN (Universität Wien)

Beginn: 28.06.1999